Am 9. Oktober jährt sich zum zweiten Mal der Anschlag von Halle (Saale). Wir gedenken an Jana Lange und Kevin Schwarze und erinnern an die weiteren teilweise schwerverletzten Menschen dieses Anschlags.
Ein rechtsextremer Antisemit und Rassist versuchte am 9. Oktober 2019 in der Synagoge von Halle ein Massaker anzurichten und die dort Jom Kippur feiernden Juden und Jüdinnen zu ermorden. Da es ihm nicht gelang in das Gebäude einzudringen, erschoss er die zufällig vorbeikommende Jana Lange direkt vor der Synagoge. Anschließend verübte er einen antimuslimischen Anschlag auf den nicht weit entfernten „Kiez Döner“. Dort erschoss er Kevin Schwarze, zündete Sprengsätze und versuchte, weitere Menschen sowohl im und vor dem Imbiss als auch auf seiner Flucht in der Magdeburger Straße und in Landsberg-Wiedersdorf zu töten. Zahlreiche Menschen wurden hierbei verletzt. Seine Taten übertrug der Attentäter live im Internet. Zuvor veröffentlichte er Dokumente, in denen er über Tötungen von Jüdinnen und Juden, Musliminnen und Muslimen, Schwarzen Menschen und linksorientierte Menschen schrieb. Am 21. Dezember 2020 wurde der Täter zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Seitdem hat es weitere rechtsextreme Terroranschläge, wie am 19. Februar 2020 in Hanau, gegeben. Die Gefahr von Anschlägen durch rechtsextreme Terroristinnen und Terroristen ist weiterhin enorm.
Der Anschlag von Halle reiht sich in eine traurige und erschreckende Reihe antisemitischer, rechtsextremer und rassistischer Gewalttaten der jüngeren deutschen Geschichte ein. Radikalisierungen erfolgen nicht mehr ausschließlich innerhalb von Szenen, sondern teilweise auch in digitalen Zusammenhängen. Doch diese Gewalttaten entstehen in einem nährenden Klima: Viele Anzeichen sprechen dafür, dass Ausgrenzung und Hass zunehmen und an Schärfe gewinnen; dass rassistische, antisemitische und extrem rechte Positionen wieder sagbarer werden. Eine erschreckend hohe, stabile Zahl an Menschen pflegt seit Jahren Ressentiments gegen Jüdinnen und Juden. Als migrantisch markierte oder wahrgenommene, sowie nicht-weiße Menschen erleben alltäglich Rassismus. Vorurteile sind tief im Bewusstsein unserer Gesellschaft verankert und sorgen innerhalb der jüdischen Gemeinden, innerhalb migrantischer Gemeinschaften oder unter Schwarzen Menschen für Verunsicherung und ein wachsendes Gefühl der Unsicherheit. Das darf in einer Demokratie nicht hingenommen werden, sondern die Herstellung dieses Sicherheitsgefühls für alle Menschen in Deutschland muss die oberste Priorität staatlichen Handelns sein. Es ist beschämend, dass vor jüdischen Einrichtungen dauerhafte Polizeipräsenz nötig ist. Als Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz versuchen wir unseren Beitrag zu leisten, indem wir Präventionsarbeit betreiben und weitere zivilgesellschaftliche Akteure in ihren Gegenstrategien unterstützen.
In Halle sind mehrere Orte des Gedenkens entstanden. Die Erinnerung an die Opfer des Terroranschlages wird breit getragen und gelebt. Um ein Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus, Rechtsterrorismus und für das Erinnern zu setzen, finden im ganzen Land um den 9. Oktober herum Kundgebungen, Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen statt.