Digitale Themenwoche vom 8. bis 12. März 2021:
„Gesellschaft 2021 - Fremdeln mit Demokratie und Vielfalt?“
© Bits and Splits - stock.adobe.com
„Gesellschaft 2021, was ist eigentlich los mit dir? “ – diesen Satz könnte man so, oder so ähnlich, vielleicht auf Twitter oder einem anderen Sozialen Medium finden.
Gesellschaft ist kein inhaltsleeres, abstraktes Konstrukt, sondern das Ergebnis dessen, was Menschen im sozialen, rechtlichen und alltäglichen Miteinander daraus machen.
Gesellschaft verändert sich im Laufe der Zeit. Sie beeinflusst und wird beeinflusst von den Bewegungen und Bestrebungen der sie bildenden Individuen.
Unsere Gesellschaft im Jahr 2021 ist geprägt von einer Vielfalt an Debatten, Diskursen, Phänomenen, Strömungen und Lebensgestaltungen: Wir erleben eine zunehmende Öffnung, unter anderem bedingt durch Digitalisierung, Globalisierung und Integration. Das Verständnis von Geschlecht und Rolle verändert und erweitert sich. Die mitunter schwierigen Lebenssituationen marginalisierter Gruppen finden politisch wie gesellschaftlich Anerkennung und werden thematisiert. Antirassistisches Denken und das Hinterfragen der eigenen Ressentiments rücken in den Fokus. Man kann sagen, es besteht der Wunsch Bestehendes fortwährend zu hinterfragen, zu überprüfen und kontinuierlich zu verbessern.
Dies wiederum ruft offensichtlich Gegenwind auf den Plan: Menschen, Gruppen und Bewegungen, die zweifeln, die Angst vor Veränderung empfinden, die ihrerseits die Offenheit der Gesellschaft infrage stellen und Bestehendes bewahren möchten. Teile dieser schlagen dabei jedoch Wege ein, die einer demokratischen Gesellschaft, wenn nicht sogar einem Rechtsstaat, grundlegend entgegenstehen. Bestrebungen zu einer Rückkehr zum „Alten“ und zu einer Schließung der Gesellschaft versuchen, mitunter auf gewaltsame Art und Weise mit antidemokratischen Mitteln ihre Ziele durchzusetzen. Hass im Netz, Falschmeldungen, körperliche Übergriffe bis hin zu Gewalttaten, Morden und Terror stellen nur einige Erscheinungsformen dieser Schließungsbewegungen dar.
Das Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz will sich im Rahmen der diesjährigen digitalen Themenwoche „Gesellschaft 2021 – Fremdeln mit Demokratie und Vielfalt?“ diesem gesellschaftlichen Widerspruch annehmen. Es soll einerseits einen Blick auf die Öffnung geworfen werden, was entsteht und bereits entstanden ist. Andererseits soll aber auch auf die Frage eingegangen werden, wieso es zu diesen Widerständen kommt und in welcher Form er in Erscheinung tritt. Den Teilnehmenden soll so nach Möglichkeit Hilfestellung gegeben werden, eigene Ideen zum Umgang mit diesen Widerständen zu entwickeln.
Daher freut sich das Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz, Sie herzlich zur digitalen Themenwoche „Gesellschaft 2021 - Fremdeln mit Demokratie und Vielfalt“ einladen zu können und gemeinsam mit Ihnen Demokratie fördern, Vielfalt gestalten und Extremismus vorbeugen zu können.
Zur besseren Durchführbarkeit ist ein Anmelden zu den gewünschten Programmteilen über das unten angeführte Online-Formular bis 3. März 2021 notwendig. Die Zugangsdaten werden nach erfolgter Anmeldung versendet.
Wochenprogramm
Montag, 8. März 2021 - 14.00 bis 16.30 Uhr
Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus
Misbah Khan & Osman Özdemir, Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz (Mainz)
„Antimuslimische Ressentiments finden in großen Teilen der Gesellschaft nach wie vor Zuspruch. Besonders in den letzten Jahren ist eine pauschal an „die Muslime“ adressierte Kritik deutlicher und schärfer geworden. Die defizitorientierte Thematisierung von Musliminnen und Muslimen im öffentlichen Diskurs ist Alltag. Differenzierte Gegendarstellungen zum Bild von Musliminnen und Muslimen als homogene Gruppe stellen die Ausnahme dar.
Was genau versteht man unter antimuslimischen Rassismus? Kann hier überhaupt die Rede von Rassismus sein, wenn doch eine Religionsgemeinschaft gemeint ist? Wie und wo äußert sich dieser mit welchen Konsequenzen für Betroffene? Wie gehen Betroffene damit um? Und vor allem: Was können Nicht-Betroffene tun, um dem entgegenzuwirken?“
Misbah Khan und Osman Özdemir arbeiten im Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz mit dem Themenschwerpunkt Religiös begründetem Extremismus. Misbah Khan ist Politikwissenschaftlerin und arbeitet unter anderem in der Koordinierungsstelle des Präventionsnetzwerkes gegen religiös begründete Radikalisierung. Osman Özdemir ist Islamwissenschaftler und Berater in der Beratungsstelle Salam des Demokratiezentrums Rheinland-Pfalz. Weiter arbeitet er am Themenschwerpunkt Antimuslimischer Rassismus.
Dienstag, 9. März 2021 - 14.00 bis 16.00 Uhr
Von Geschlecht zu Geschlechtern. Reflexive Perspektiven auf Geschlechteridentität
Elia Scaramuzza, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
„Diskurse um Geschlechtsidentität werden in vielfältiger Art und Weise geführt. Gemeinsam ist diesen, dass diese von Widersprüchlichkeiten und Unsicherheiten durchzogen sind: Ist Geschlecht gleich Geschlechtsidentität – und wie bestimmt sich diese? Wann ist eine Frau eine Frau, wann ein Mann ein Mann? Gibt es ein oder mehrere Geschlechter dazwischen, jenseits dessen, ja, ohne Geschlecht überhaupt? Welche Folgen hat es für die Einzelnen und alle, wenn Selbst- und Fremdwahrnehmung (nicht) identisch sind oder sein müssen? Und nicht zuletzt: Soll (geschlechtliche) Identität abgeschafft, dekonstruiert, hergestellt, vereinheitlicht oder weiterentwickelt, vervielfältigt werden (Müller/Mende 2016, 7)?
Der Vortrag greift aktuelle Diskurse um Geschlechteridentität auf und zeigt, dass Geschlechteridentität nicht eindimensional als Problem oder Lösung, sondern auch als Problem und Lösung zugleich diskutiert werden kann. Hierzu werden verschiedene geschlechtliche Identitäten idealtypisch dargestellt und ihre Voraussetzungen im Spannungsverhältnis von Individuum und Gesellschaft beleuchtet. Diskutiert wird so, welche Freiheitsmöglichkeiten sich für die Einzelnen und je alle durch geschlechtliche Identität (nicht) ergeben können.“
Elia Scaramuzza ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promovend am Arbeitsbereich Didaktik der politischen Bildung (Prof. Dr. Kerstin Pohl) am Institut für Politikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der gesellschaftlichen wie auch politisch-theoretischen Begründung von politischer Bildung und der Konzeption einer geschlechterreflexiven politischen Bildung. Seit 2006 ist er zunächst als ehrenamtlicher, später auch freiberuflicher politischer Bildner aktiv und beschäftigt sich in seiner Praxis schwerpunktmäßig mit Geschlechterfragen.
Donnerstag, 11. März 2021 - 14.00 bis 17.00 Uhr (Maximale Teilnehmendenzahl erreicht - Leider keine Anmeldung mehr möglich!)
Im Namen der Demokratie - Hate Speech widersprechen
Fluky aka DJ Freshfluke
„Elektronische Medien und soziale Netzwerke sind zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden. Neben wertschätzendem Austausch und Kontakt findet auf den verschiedenen Plattformen aber auch Hassrede und Herabwürdigung statt - mit weitreichenden Folgen. Was ist eigentlich Hassrede, was steckt dahinter und wo findet sie statt? Was sind die rechtlichen Grenzen der Meinungsfreiheit? Wer ist betroffen von Hate Speech und was können die Betroffenen tun? In diesem Workshop kombiniert die Referentin ihre jahrelange Erfahrung zu verschiedenen Symptomen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit mit den Materialien der Amadeu Antonio Stiftung. Ergebnisse verschiedener Forschungsdisziplinen werden vermittelt und mit interaktiven Workshop-Methoden verknüpft. Das Ziel ist, über die Mechanismen der sozialen Medien aufzuklären, für die Macht der Sprache zu sensibilisieren und Empathie für Betroffene zu wecken. In diesem Online-Seminar gibt es neben dem inhaltlichen Input und interaktiven Übungen auch aktive Hilfestellung im Umgang mit Hate Speech.“
Fluky aka DJ Freshfluke ist Hiphop DJ und Referent*in für politische Bildung. Fluky leitet und konzipiert seit über 10 Jahren Workshops für Jugendliche und Erwachsene, hält Vorträge und liebt Online-Seminare. Flukys Schwerpunktthemen sind Hate Speech, Verschwörungserzählungen, sexuelle & geschlechtliche Vielfalt, Frauen & Hiphop, DJing und weitere Themen rund um gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Seit 2019 gehört Fluky zu den freiberuflich aktiven politischen Bildner*innen, die mit dem Workshop-Konzept der Amadeu Antonio Stiftung Seminare zum Thema Hate Speech durchführen dürfen. Seit 2020 führt Fluky auch Bootcamps für den zivilgesellschaftlichen Verein #ichbinhier durch.
Freitag, 12. März 2020 - 13.00 bis 18.00 Uhr (Maximale Teilnehmendenzahl erreicht - Leider keine Anmeldung mehr möglich!)
Digitales Planspiel Populismus
Sebastian Hebler, Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz (Mainz)
Im digitalen Planspiel Populismus geht es um das Nachvollziehen der Dynamiken populistischer Bewegungen und das Kennenlernen ihrer Argumentationsweisen. Weiter soll für die gängigen Parolen sensibilisiert und negative Auswirkungen auf die politische demokratische Kultur aufgezeigt werden. Es geht um Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Populismus und Radikalismus, sowie um aktuelle Entwicklungen. Letztlich sollen Strategien entstehen, sich gegen Populismus zu engagieren. In Planspielen werden realitätsnahe Situationen simuliert und Handlungsstrategien für diese trainiert. Die Teilnehmenden versetzen sich in relevante Rollen und erwecken die Charaktere mit ihren Ideen zum Leben. Schauspielerisches Talent ist für die Teilnahme keine Voraussetzung. Wichtiger ist das Interesse am Themenkomplex und an Kommunikation. Planspiele sind als Bühne für „erlebtes Lernen“ und durch intensive ergebnissichernde Reflektion didaktisch sehr effektiv. Um Planspiele in Zeiten der Pandemie ermöglichen zu können, haben wir unser erprobtes Konzept des Jugendplanspiel Populismus genutzt, um eine digitale Variante zu gestalten. Wir freuen uns darauf, es mit Ihnen zu testen und hilfreiches Feedback zur digitalen Umsetzung erhalten zu können.