Welche Funktionen erfüllt Extremismus für das Individuum, aber auch für Gesellschaft?
Was sind Gründe für eine Radikalisierung?
Welche Anziehungskraft haben extremistische Gruppen und Inhalte auf Menschen?
Was suchen und finden Menschen im Extremismus?
Was passiert um und in einem Menschen, damit er oder sie sich extremistischen Gruppen und Inhalten zuwendet?
Welche Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung helfen uns als Gesellschaft, aber auch als Fachkräfte auf Radikalisierung zu reagieren beziehungsweise dieser vorzubeugen?
All diese Fragen sollen in der digitalen Themenwoche des Demokratiezentrums Rheinland-Pfalz vom 12. Juni bis 16. Juni 2023 thematisiert werden. Inhaltlich im Fokus ist dabei die Frage nach dem „Warum wenden sich Personen Extremismen zu?“.
Es wird an fünf Tagen jeweils ein ca. zwei stündiges digitales Vortrags- und Diskussionsangebot zum Thema „Vom Suchen und Finden - Funktionen von Extremismen“ geben.
Alle Veranstaltungen der digitalen Themenwoche sind kostenfrei und richten sich an interessierte Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe, politischen Bildung, Demokratieförderung sowie Extremismusprävention.
Programm
12.06.2023 (10:00 bis 12:00 Uhr)
„Warum wir Familie und Freunde an radikale Ideologien verlieren – und wie wir sie zurückholen können“
Referentin: Dana Buchzik
In Deutschland herrscht auch mit Abklingen der Pandemie noch Blütezeit für Hass und Verschwörungserzählungen. Was macht den Zauber radikaler Ideologien aus? Welche Manipulationsstrategien nutzen radikale Aktuerinnen und Akteure? Inwiefern gleicht Radikalisierung einer toxischen Beziehung? Welche kommunikativen Techniken helfen uns dabei, radikale Menschen wirklich zu erreichen? Dana Buchziks Arbeit schlägt eine Brücke zwischen Erkenntnissen der internationalen Forschung und konkreten, alltagstauglichen Strategien.
Dana Buchzik war als Journalistin bereits für die FAZ, SZ, taz und ZEIT, das Goethe-Institut, Spiegel Online sowie für den SWR, Tagesspiegel und WDR tätig. Als Kommunikationsberaterin liegen ihre Schwerpunkte auf dem produktiven Umgang mit Radikalisierung, gesunden Grenzen und effektiver Arzt-Patienten-Kommunikation. Ihr Buch „Warum wir Familie und Freunde an radikale Ideologien verlieren – und wie wir sie zurückholen können“ erschien als Spitzentitel bei Rowohlt und wurde ins Programm der Landeszentralen für politische Bildung in Berlin, Brandenburg und Sachsen aufgenommen.
13.06.2023 (10:00 bis 12:00 Uhr)
„Radikalisierung als Schlüssel-Schloss-Prinzip? Eine Betrachtung aus psychodynamischer Perspektive.“
Referentin: Winnie Plha
Ohne radikale Ideen ist gesellschaftliche Weiterentwicklung nicht möglich, dennoch gibt es Radikalisierungsphänomene, die aufgrund ihrer demokratiefeindlichen Ausrichtung und Nähe zum Extremismus zur Gefahr werden können. Warum schließen sich (junge) Menschen extremistischen Gruppen an und was brauchen sie um sich abzuwenden? Im Vortrag und der nachfolgenden Diskussion werden wir uns mit einer psychodynamischen Sicht auf Radikalisierungsprozesse auseinandersetzen und pädagogische Möglichkeiten einer nachhaltigen Distanzierung besprechen.
Winnie Plha, M. A. Soziokulturelle Studien, ist hauptberuflich als stellvertretende Geschäftsführerin der Denkzeit-Gesellschaft e. V. beschäftigt, bietet Fortbildungen, Fachvorträge und Supervision an. In freiberuflicher Tätigkeit als Lehrbeauftragte an der Medical School Berlin ist sie u. a. für die Themen Krisenintervention und Delinquenzprävention zuständig. Ihre Schwerpunkte sind vor allem Delinquenz, Gewalt, Interaktionelle Pädagogik, Demokratiefeindlichkeit sowie psychosoziale Entwicklung.
14.06.2023 (14:00 bis 16:00 Uhr)
„Rechtsextremismus ist (auch) eine Frau - Geschlecht im Kontext rechtsextremer Orientierungen.“
Referentin: Judith Rahner
Judith Rahner studierte Gender-Studies, Musik- und Erziehungswissenschaften und ist bei der Amadeu Antonio Stiftung für Rechtsextremismusprävention zuständig. Sie leitet im Rahmen des Kompetenznetzwerks Rechtsextremismusprävention den Projektbereich zur Stärkung der bundesweiten Zivilgesellschaft und ist Leiterin der Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus, die mit einem Fokus auf Gender Bildungsarbeit, Politik und Medien im Umgang mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit berät und schult.
Judith Rahner ist seit vielen Jahren in der Jugend- und Erwachsenenbildung tätig, setzt zusammen mit Jugendlichen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren Projekte gegen Rechtsextremismus, Antifeminismus, Rassismus und Antisemitismus um.
15.06.2023 (14:00 bis 16:00 Uhr)
„Radikalisierung in rechtsextremen Online-Subkulturen: Die Rolle von alternativen Plattformen“
Referentin Hanna Börgmann
Um der wachsenden Militanz rechtsextremer Onlinesubkulturen zu begegnen, erforscht das Team von ISD Germany seit Anfang 2021 die Vernetzung von deutschsprachigen Rechtsextremist:innen auf „alternativen“ Plattformen. Neben dem Messengerdienst Telegram liegt das Augenmerk auf Diensten wie Bitchute, Gettr, PeerTube und Odysee sowie weiteren alternativen und Blockchain-basierten Plattformen. Welche Rolle spielen die Plattformen in Radikalisierungsprozessen? Welche Handlungsoptionen haben Politik und Zivilgesellschaft?
Hanna Börgmann leitet als Project Managerin das Forschungsprojekt „Radikalisierung in rechtsextremen Online-Subkulturen entgegentreten“ beim Institute for Strategic Dialogue Germany. Darüber hinaus ist die Expertin für rechtsradikale Onlineradikalisierung und -Mobilisierung im „Business Council for Democracy“ (BC4D) als Trainerin tätig. Hanna Börgmann erwarb ihren Master in International Affairs an der Hertie School in Berlin und forschte dort am Beispiel des Halle Attentates zu antisemitischer Radikalisierung und Mobilisierung in den Image Board Subkulturen der sogenannten Chans.
16.06.2023 (10:00 bis 12:00 Uhr)
„Psychologische Bedürfnisse hinter Verschwörungsglauben“
Referent: Roland Imhoff
Die psychologische Forschung zu Verschwörungsglauben hat in den vergangenen Jahren einen enormen Aufwind erfahren. Im Fokus steht hierbei stets auch die Frage, was Menschen dazu bringt, Erzählungen zu glauben und weiterzugeben, die negative Erscheinungen stets durch den willentlichen Plan geheim kooperierender Gruppen erklärt. Im Vortrag sollen die generierten Antworten auf die Frage eingebettet werden in psychologische Forschung zu anderen Formen der Radikalisierung und Extremismus, sie sollen auf ihre empirische Bewährung hin kritisch diskutiert werden und der Frage nachgegangen werden, ob Verschwörungsglauben das Versprechen der Befriedigung dieser Bedürfnisse effektiv einlöst.
Roland Imhoff ist Professor für Sozial- und Rechtspsychologie an der JGU Mainz und forscht seit über 10 Jahren zu Verschwörungsglauben und speziell der dahinter stehenden allgemeinen Weltsicht (Verschwörungsmentalität). Er ist Autor von über 20 internationalen Publikationen zu dem Thema und Mitglied der Taskforce Verschwörungstheorien der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs).