Was ist Rechtsextremismus?
Rechtsextremismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie demokratie- und rechtstaatsfeindliche Phänomene sind auch in Rheinland-Pfalz eine ernst zu nehmende Gefahr. Die qualitativen und quantitativen Ausformungen sind im Bundesvergleich auf den ersten Blick weniger stark ausgeprägt wie in verschiedenen anderen Bundesländern. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass hinter den konkret zu beobachtenden Entwicklungen eine Grauzone verdeckter Aktivitäten liegt, in der auch Neuformierungen nicht ausgeschlossen werden können. Zum anderen gibt es Hinweise auf latente rechtsextremistische Orientierungen, die bei entsprechenden situativen Auslösern auch öffentlich ausagiert werden.
Rechtsextremismus ist das Zusammentreffen von Ideologien der Ungleichwertigkeit von Menschen.
Kurt Möller, 2001
Eine Definition von Rechtsextremismus bietet Kurt Möller:
"Rechtsextremismus ist das Zusammentreffen von Ideologien der Ungleichwertigkeit von Menschen und Gewaltakzeptanz zu deren Durchsetzung. Dabei ist die Überzeugung vorherrschend, die ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation oder Rasse entscheidet über den Wert eines Menschen. Das Fremde wird als zu bekämpfende Bedrohung wahrgenommen, das Wohl des eigenen Volkes steht über Allem, auch über den Grundrechten Einzelner oder Minderheiten." (Kurt Möller von der FH Esslingen, 2001)
Polizei und Verfassungsschutz zum Beispiel verwenden für den Oberbegriff "Extremismus" häufig folgende Definition:
"Bestrebungen gelten als extremistisch, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind und diese unter Akzeptanz von Gewalt ganz oder in Teilen abschaffen wollen."
Hier noch folgende Definition der Homepage der Bundeszentrale für Politische Bildung : Lexika
"Rechtsextremismus bezeichnet eine politische Einstellung, die sich gegen die Ordnung des demokratischen Verfassungsstaates stellt und gesellschaftliche Vielfalt sowie freie Wirtschaftssysteme fundamental ablehnt. Charakteristisch für den Rechtsextremismus ist die Aufspaltung in Gruppen und Untergruppen, die in der Regel auf persönlichen Gefolgschaften (Führer und Gefolge) beruhen. Rechtsextremismus basiert auf Intoleranz und Vorurteilen (z.B. gegen Ausländer und Minderheiten), fördert autoritäres Verhalten, verherrlicht Macht und Gewalt. Rechtsextreme Ideologien führen alle aktuellen politischen, ökonomischen und sozialen Probleme auf eine einzige Ursache zurück und setzen dagegen ein autoritäres, menschenverachtendes Weltbild, dessen Fundament in der Regel ein aggressiver, expansionistischer Staat ist". (Schubert, Klaus/Klein, Martina : Das Politiklexikon. 4., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2006)
Die rechtsextremistische Weltanschauung macht sich an einer Reihe von Merkmalen fest.
Ihr liegt der abwegige Gedanke zugrunde, die Menschen seien bedingt durch ihre Abstammung ungleichwertig.
Zu den wichtigsten Merkmalen des Rechtsextremismus gehören:
1. Ungleichwertigkeitsprinzip
- Rassismus: Menschen werden in verschiedene Gruppen eingeteilt. Je nach Zuordnung erhalten sie eine Wertigkeit, die an ihrer "rassischen", kulturellen oder nationalen Zugehörigkeit festgemacht wird.
- Fremdenfeindlichkeit: Die "nordische Rasse" ist angeblich überlegen. "Fremde" gelten als minderwertig und seien auszumerzen.
- Antisemitismus: Der Begriff "Antisemitismus" wird heute als Sammelbegriff für jede Form der Judenfeindlichkeit verwendet. Rechtsextremisten bauen auf antisemitische Propaganda.
2. Ablehnung der Demokratie
- Führerprinzip/Führungselite: Ein Führer bzw. eine Führungselite wissen, was gut für das Volk ist. Dieses wird mit autoritären Mitteln durchgesetzt.
- Volksgemeinschaft: "Der Einzelne ist nichts - das Volk ist alles". Menschen, die der Volksgemeinschaft nicht angehören, werden ausgegrenzt. Aber auch Deutsche, die nicht in das Weltbild der Rechtsextremisten passen, werden ihrer Rechte beraubt. Hierzu zählen Menschen mit Behinderung, Obdachlose, politische Gegner und viele mehr.
- Ablehnung von freien Wahlen und von Meinungsvielfalt
3. Geschichtsrevisionismus:
- Die angeblichen "guten Seiten" des Dritten Reiches werden betont, z.B. Autobahnbau, keine Arbeitslosigkeit, Förderung der Jugend und der Familie.
- Die Verbrechen der Nazis werden geleugnet, z.B. "Holocaustlüge".
- "Deutschland hat keine Kriegsschuld".
- "Das Reich in den Grenzen von 1937 existiert weiter und muss wieder hergestellt werden."
4. Weitere Bestandteile
- Sozialdarwinismus: Der Stärkere überlebt...!
- Christenfeindlichkeit: Ein Gott(es Sohn), der Nächstenliebe predigt und sich ans Kreuz nageln lässt, ist schwach und somit "unglaubwürdig". Deshalb wenden sich Rechtsextreme gerne der nordischen/germanischen Mythologie zu.
- Angst vor dem Fremden: Furcht oder ablehnende Einstellung (Feindseligkeit/Geringschätzung) gegenüber fremder Herkunft, fremden Kulturen, fremden Sprachen oder fremden Religionen
- Islamphobie: Generell ablehnende Einstellung gegenüber allen muslimischen Glaubensrichtungen, Personen, Symbolen und religiösen Praktiken
- Homophobie: Aversion und Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen
- Sexismus: Diskriminierung und Unterdrückung von Menschen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit
Der Gedanke der grundsätzlichen Gleichheit der Menschen und die daraus abgeleiteten allgemeinen Grund- und Menschenrechte für alle Menschen als Individuen sind für Rechtsextremisten nicht relevant.
Die "Ungleichheit" der Menschen wird rassistisch mit Bezug auf angebliche Naturgesetze, Biologie oder Kultur begründet und bewertet:
Zur Verwirklichung der "Menschlichkeit" benötigen Menschen in den rechtsextremen Denkwelten die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. Diesen Gemeinschaften werden rassistisch, völkisch oder kulturell begründete Merkmale zugeschrieben, die sie als homogene Einheiten darstellen. Diese Einheiten sind unveränderbar. Menschen werden in sogenannte "Blutströme" (NPD-Verbotsantrag, 2001) hinein geboren, entsprechend tragen die Individuen auch die den Abstammungsgruppen zugeschriebenen, unveränderlichen Merkmale.
Der wissenschaftliche Begriff für dieses Denken ist Rassismus. Der rassistische Gedanke der naturgegebenen Ungleichheit führt zu einem "System der Wertigkeit". Innerhalb dieses Systems wird bestimmten Menschengruppen ein höherer Wert zugeschrieben als anderen. Deren angebliche Höherwertigkeit wird zur Legitimation von Privilegien und Machtansprüchen gegenüber als "andersartig" empfundenen Gruppen genutzt und dient als Begründung für Diskriminierung.
Konsequente Folge dieses Menschenbildes ist es, dass als "nieder" empfundene Personen nicht mehr als Menschen wahrgenommen werden. Rassistische Mörder berichten in Gerichtsverfahren immer wieder, dass sie nicht davon ausgegangen seien, einen Menschen zu töten, denn es habe sich ja "nur" um einen "Fidschi" (Vietnamesen) gehandelt.
Allerdings zielen nicht alle rechtsextremen Denkmodelle auf das Eliminieren der als ungleichwertig empfundenen Menschen. So gilt etwa im Ethnopluralismus der Slogan "Erhaltung der Vielfalt der Völker". Gemeint ist das Nebeneinander völkischer Nationalstaaten in strikter räumlicher Trennung. Nach diesem Denkkonstrukt wäre ein Vietnamese zwar einem Deutschen gegenüber gleichwertig, allerdings nur so lange er Deutschland nicht dauerhaft betritt. Hier wird der Rassismus und die Privilegierung der Eigengruppe also auf den Raum bezogen.