Islamismus - religiös begründete Radikalisierung
Der Begriff Islamismus findet in Medien und Öffentlichkeit oft Gebrauch und bedarf daher einer näheren Beleuchtung. Islamismus kann nicht als einheitliches Phänomen beschrieben werden. Die unterschiedlichen Ausprägungen des Islamismus sind politische Ideologien, die religiös begründet werden. Die große Mehrheit der Muslime in Deutschland betrachtet ihre Religionsausübung als Privatsache und befürwortet eine freiheitliche und demokratische Gesellschaft. Nicht so die Islamisten, diese erheben für ihre Interpretation der heiligen Texte des Islam einen Absolutheitsanspruch und versuchen daraus Regeln für alle Mitglieder der Gesellschaft abzuleiten.
„Beim Islamismus handelt es sich um Bestrebungen zur Umgestaltung von Gesellschaft, Kultur, Staat oder Politik anhand von Werten und Normen, die als islamisch angesehen werden“.
Seidensticker 2016¹
Somit zielen islamistischen Strömungen auf die Schaffung einer aus ihrer Sicht „islamischen Gesellschaft“ ab.
Die Wahl der Mittel zur Erreichung der Ziele variiert dabei sehr stark. Die Mehrheit der Islamisten kann dem politischen bzw. legalistischen Teil zugeordnet werden. Diese Gruppe wendet keine Gewalt an und lehnt sie in den meisten Fällen auch ab. Sie betreibt vor allem Mission (dawa) und ist in der öffentlichen Wahrnehmung dadurch sehr präsent. Das demokratische System wird dabei als nicht legitim angesehen, da es von Menschen gemacht sei. Somit stellt auch die Gruppe der gewaltlosen Islamisten ein Problem für die freiheitlich-demokratische Grundordnung dar.
Die Gruppe der gewaltbereiten Islamisten, die auch als Dschihadisten bezeichnet werden, ist für die Gesellschaft eine noch größere Gefahr. Diese legitimiert Gewalt nicht nur, sondern fördert sie und wendet sie oft selbst an. Dieses Phänomen ist nicht nur, jedoch vor allem Arbeitsfeld der Sicherheitsbehörden. Unabhängig von der Wahl der Mittel, haben die unterschiedlichen islamistischen Gruppierungen das Ziel gemein, das demokratische System durch ein theokratisches zu ersetzen.
Der Salafismus als eine Variante des Islamismus ist heute für viele Jugendliche und junge Erwachsene besonders interessant. Salafisten sehen das Leben des Propheten Muhamad und die islamische Gesellschaft der ersten drei Generationen nach ihm als Vorbild. Sie sind bestrebt, den Islam von allen Neuerungen, die nach diesem „goldenen Zeitalter“ hinzukamen, zu reinigen. Die salafistische Szene in Deutschland ist multiethnisch, aber deutschsprachig. Sie missioniert und rekrutiert sowohl im Sozialraum der jungen Menschen als auch online in sozialen Netzwerken. Sie findet für ihre Zielgruppe die passende Ansprache und kann damit den Beginn einer Radikalisierung bedeuten.
Der Begriff „Radikalisierung“ wird als Prozess einer zunehmenden Hinwendung von Personen oder Gruppen zu einer extremistischen Denk- und Handlungsweise verstanden. Verbunden damit ist die steigende Bereitschaft, extremistische Ziele unter Umständen auch mit Hilfe von Gewalt durchzusetzen. Junge Menschen wenden sich aus individuellen, gesellschaftlichen und ideologischen Gründen einer islamistischen Gruppierung zu.
¹Seidensticker, Tilmann: Islamismus. Geschichte, Vordenker, Organisiationen. München: C.H. Beck, 4. Auflage (2016)
Weiterführende Informationen
Ufuq.de ist ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und in der politischen Bildung und Prävention zu den Themen Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus aktiv.
- Homepage von Ufuq.de - Pädagogik zwischen Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus
- „Protest, Provokation oder Propaganda?” Handreichung zur Prävention salafistischer Ideologisierung in Schule und Jugendarbeit zum Herunterladen als pdf.
Der Bundesverfassungsschutz ist ein Nachrichtendienst dessen Dienst- und Fachaufsicht das Bundesministerium des Innern ausübt. Es sammelt u.a. Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche Grundordnung oder gegen den Bestand und die sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind.
Aufgabe der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ist die Förderung des Verständnisses für politische Sachverhalte, die Festigung des demokratischen Bewusstseins und die Stärkung der Bereitschaft zur politischen Mitarbeit.